Jagen als Uebersprungsverhalten

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Jagen als Uebersprungsverhalten

Beitragvon ray » Mo 11. Jul 2005, 21:07

Sehr erfreut habe ich festgestellt, dass diese Variante des Jagens wohl doch nicht so selten ist, wie ich dachte, denn sonst haette die Erwaehnung wohl nicht ihren Weg ins Buch gefunden.
Auf der einen Seite kam in diesem Zusammenhang das Buch ein kleines bisschen zu spaet fuer mich, da ich nach monatelangen verzweifelten Umkonditionierungsversuchen mit Man Ray endlich vor etwa zwei Monaten auf unser Hauptproblem gestossen wurde.
Auf der anderen Seite war ich froh, davon im Buch zu lesen, danach schien es mir nicht mehr so ein seltsamer Sonderfall zu sein.
Leider war diese weise Erkenntnis nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen, sondern es brauchte erst eine Hundetrainerin, bei der ich ein
Dummyarbeitsseminar besucht hatte, um innerhalb kurzer Zeit unser Hauptproblem zu erkennen.
Bis dahin hatte ich ja schon beinahe graue Haare bekommen, weil ich sowas wie Man Ray trotz der (jagdlichen) Arbeit mit Generationen von Jagdhunden, nocht nie erlebt hatte.
Ich hatte mich immer wieder gefragt, wieso klinkt sich dieser Hund
immer wieder so total aus, ist wie irre und nicht mehr ansprechbar, springt wie verrueckt nach winzigen Fliegen oder Schneeflocken und sieht dabei aus, als ob er nicht mehr in dieser Welt waere?
Warum immer dann, wenn auch andere Hunde in der Naehe sind (wie auf dem eingezaeunten Hundeplatz, auf dem sicherlich keinerlei Wildspuren zu finden sind?
Ich hatte vorher noch nie von Jagen als Uebersprungshandlung gehoert, deshalb bin ich auch nicht drauf gekommen. Ich hatte ganz zu Anfang ja auch noch gedacht, ich taete Man Ray, der ja immer in Rudeln gelebt hatte, einen Gefallen, ihn mit anderen Hunden rumrennen zu lassen.
Welch fataler Irrtum!
Und dann der Tag der Umkehr. Nur noch alleine auf dem Platz, beim Spazierengehen keine Hundekontakte mehr ausser mit guten Hundefreunden, Abstand von allem, was den Hund in Stress versetzt (und das ist verdammt viel!!)
Und siehe da, er faengt mit 1 1/2 Jahren ploetzlich an, am Wegesrand zu schnueffeln, mal ein Bein zu heben, sich bei den Runden zu loesen und leinenfuehrig zu werden. Er achtet auf mich, sieht Voegeln nur noch nach oder pirscht sich langsam ran, um dann vorzustehen und nach deren Wegflug gelassen weiterzugehen.
Ich konnte es nicht fassen.
Sicherlich ist es ein Trugschluss zu denken, alle meine Probleme waeren von nun an geloest, immerhin ist er ein Jagdhund, aber es ist jetzt um vieles einfacher, mit ihm zu arbeiten.
Allerdings sehe ich auf Dauer doch noch einige Schwierigkeiten.
Da Man Ray bei verschiedenen Sachen in Panik geraet, und dann wie irre anfaengt zu Jagen, gestalten sich viele Dinge etwas schwierig.
So ist das SL Training immer mit Vorsicht zu geniessen, denn sobald ein Stressverursacher auftaucht (Anhaenger, andere Hunde etc.), versucht der Paniker, aus dem Geschirr zu huepfen.
Ich muss mir also da noch ein bisschen einen Plan zurecht legen.
Mich wuerde jetzt mal interessieren, ob ueberhaupt irgend jemand hier auch schon Erfahrung mit diese speziellen Art von Jagdverhalten hat oder
ob es sich hier um einen seltenen Fall handelt.
Wie gesagt, ich hatte davon vorher noch nie gehoert, aber bei diesem Hund ist es mehr als deutlich. Bei uns im Garten scheucht mein Aussie-Mix momentan beinahe mehr Voegel hoch als Man Ray.
Und auf dem Hundeplatz hat er sich um 180 Grad gedreht und arbeitet wieder mit.
Also, interessiert dieser Unterpunkt noch jemanden ausser mir?
Gibt es irgendwelche spezifischen *Tricks* bei dieser Art von Verhalten?

Bin sehr gespannt...
Catja mit Man Ray und Bowie
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Beitragvon Kikimozart » Di 12. Jul 2005, 07:49

Ich kenne auch eine Hündin, die in etwa die gleiche Sozialisation und Erziehung erfahren hat wie meine Hündin. Während man mit meiner Hündin in einer Kleingruppe mit 3-5 Hunden wunderbar z.B. in den Rheinwiesen ohne Leine spazieren kann, verabschiedet sich die andere regelmäßig, um Vögel aufzuscheuchen oder einfach im hohen Gras zu stöbern. Geht man mit ihr allein oder max. mit den Hunden aus ihrem Rudel, klappt es gut und sie steht höchstens mal was vor.
Ich denke, ihr ist das Gerangel und Getobe einfach zu viel, bzw. sie braucht es draußen nicht auch noch, wo sie zu Hause schon mit drei anderen Hunden zusammenlebt.

Bei Amy ist es umgekehrt: gehe ich mit ihr allein, bin ich der Animateur und sie käme nicht auf die Idee, sich nach Wild umzuschauen (außer wir arbeiten genau daran); gehe ich mit anderen Leuten spazieren, kommt Amy an die lange Leine, da sie es schamlos ausnutzen würde, nicht meine volle Aufmerksamkeit zu haben (Jagd aus "Langeweile"???); gehen wir aber mit anderen Hunden spazieren, klappt es wiederum super, da Amy unheimlich gerne mit anderen Hunden tobt und rennt...
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Beitragvon Ariane Ullrich » Di 12. Jul 2005, 09:10

Hallo ihr,

Jagen als Übersprungsverhalten wir ja nicht sehr stark berührt im Buch, vor allem weil es da ja auch wirklich individuelle Unterschiede gibt, die man so gar nicht diskutieren kann. Grundsätzlich ist es sicher vorrangig wichtig, dem Hund den Stress der Situation zu ersparen. Ob Schleppleinentraining da richtig ist, bin ich mir nicht sicher. Ich würde hier eher so vorgehen, den Hund an die stressauslösenden Situationen zu gewöhnen. Langsame, ruhige Hundekontakte in weiter Ferne (zB) verknüpfen mit für ihn positiven Dingen in Bewegung (suchspiele, kleine Spaßübungen etc.)

Wenn die Panik da ist, dann hilft nur nich Entfernen aus der Situation, eventuell wieder so nah ran, wie er es gerade noch aushalten kann und arbeiten mit ihm.

Daneben ist Clickertraining, Impulskontrolle zur selbtbeherrschung, selbstständiges Erarbeiten von Dingen ein guter Weg, um seine eigene Selbstsicherheit zu fördern, damit er lernt eventuell selbst die Situation zu meistern.

liebe Grüße
Ariane
Ariane Ullrich
 

Beitragvon ray » Di 12. Jul 2005, 09:46

Hallo Ariane,

fuer mich persoenlich ist es natuerlich etwas schade, dass auf Jagen als Uebersprungshandlung im Buch nicht weiter eingegangen wird, aber
klar ist mir schon, dass man dieses Thema kaum allgemeingueltig behandeln kann.
Ich war einfach nur froh, dass ich diese Problematik ueberhaupt wiedergefunden habe, weil ich trotzdem es bei meinem hund absolut klar und deutlich gezeigt wird, immer wieder verwundert darueber war, dass es sowas ueberhaupt gibt.

Das mit der SL sehe ich genauso und habe das deshalb auch seit einiger Zeit ganz hintenan gestellt, die Kontrolle ist einfach nicht richtig gegeben, vor allem nicht bei meinem *Entfesslungskuenstler*.
Im Moment arbeite ich auch nur so, dass ich mich langsam naeher an
alle stressausloesenden Dinge entfernungsmaessig heranarbeite, um so
eine Gewoehnung zu erreichen. Bei manchen muss ich ihn zusaetzlich durch Koerperkontakt (Halten/Umfassen/Beruehren/ im schlimmsten Falll auf den Arm nehmen) unterstuetzen.
Ich habe damit echte Probleme, vor allem wenn man mich so sieht, denn das Verstaendnis der anderen Leute geht da nicht sehr weit.
Schwierig finde ich auch das parallele Arbeiten an zwei verschiedenen Fronten - Angst und Jagen, die sich ja nicht immer ueberschneiden.

Daneben ist Clickertraining, Impulskontrolle zur selbtbeherrschung, selbstständiges Erarbeiten von Dingen ein guter Weg, um seine eigene Selbstsicherheit zu fördern, damit er lernt eventuell selbst die Situation zu meistern.

Da werde ich mich jetzt erstmal drauf konzentrieren, wobei ich bezueglich des selbststaendigen Erarbeitens noch etwas ratlos bin, wie ich das einfuehren soll.
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Beitragvon Ariane Ullrich » Di 12. Jul 2005, 10:02

Hallo Catja,

selbständige Erarbeiten ist vor allem ein großer Teil des Clickertrainings, aber auch ohne clicker gut machbar. Kreative Denkspielzeuge fördern das problemlösungsorientierte Verhalten. Bsp: gefüllte Kongs. Man kommt nur an den Inhalt, indem man draubeisst. rauslecken bringt nicht wirklich was. (musste ich selbst erst mal lernen, allerdings nicht am eigenen Leib :dance )

oder auch: wie kommt man aus dem Auto bzw. was will mein mensch von mir? Die Klappe geht etwas auf, der Hund will raus, die Klappe geht wieder zu. nach ein paar malen hat der Hund verstanden, dass er den Kopf oben halten muss, damit die klappe ganz aufgeht. Das überschneidet sich mit der Impulskontrolle.

Oder das suchen von Futter an den unmöglichsten Stellen (Astgabeln, in Schneebällen etc.) Frolic an kleinen Zweigen hängend lieben die meisten Hunde :xlt_genau
Oder wie komme ich zu Frauchen? der hund steht hinter einem Zaun o.ä. mit einem hundegroßen loch, davor ein Tuch. Schafft er es?
Alle Dinge, bei denen der Hund nachdenken muss, um an die Lösung zu kommen.
Euch fallen sicher noch mehr Besipiele ein :wink

liebe Grüße
ariane
Ariane Ullrich
 

Beitragvon ray » Di 12. Jul 2005, 10:13

Hi Ariane,

vielen Dank fuer die schnellen Tipps. Ja, das versuche ich z.Tl auch schon alles. Logisch geht das bei Panik-Ray nur, wenn kein Panikobjekt in der Naehe ist... Davon ab ist er was solche Sachen angeht super clever.
Ich hatte das bisher nicht mit Aufbau des Selbsbewusstsein verbunden, aber wenn dem so ist, umso besser.
Ich hatte auch mal dieses Holzspiel mit den Leckerlies unter den Huetchen probiert (im Winter, als wir viel drinnen machen mussten).
Sowas gehoert dann ja wohl auch dazu.
Nochmals danke, dann weiss ich, ich bin auf dem richtigen Weg.
Leider ist alles mit Futter nicht sooo interessant fuer ihn...
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Beitragvon Ariane Ullrich » Di 12. Jul 2005, 10:53

Hallo Catja,

wenn er Futter nicht so interessant findet (oft hängt das an dem Stress den der Hund hat, bzw der Abgelenktheit...verfütterst du sein Futter auch so?), dann nimm sein Lieblingsspielzeug oder bastel dir ein felldummy mit Futter und mach es zum absoluten "mit Frauchen Spaßhab Objekt"

Hast du eine Belohnungsliste mal für Ray ausgefüllt? Manchmal ist es sehr hilfreich, wenn man gezielt aufschreibt und darüber nachdenkt, was der Hund mag.

Selbst Lösung finden kanne r auch, wenn er bspw Hunde hinter dem Zaun anbellt (oder ähnliche Situationen) und du bleibst stehen und wartest ab, was er sonst noch an Strategien kennt. Sobald er sich umdreht (weil vorne immer dasselbe passiert) wird er riesig belohnt und weggeführt vom Zaun. Nach einigen Malen bieten sie diese andere Problemlösung selbständig an.

Naja, ihr macht sicher eine Menge zusammen und das ist auch das , was immer ausbaufähig ist, die Zusammenarbeit mit bzw. über den Menschen steigern.

liebe Grüße
Ariane
Ariane Ullrich
 

Beitragvon PiaGM » Di 12. Jul 2005, 10:54

Hallo Tanja,

gehe ich mit anderen Leuten spazieren, kommt Amy an die lange Leine, da sie es schamlos ausnutzen würde, nicht meine volle Aufmerksamkeit zu haben (Jagd aus "Langeweile"???);


Klingt eher nach erlernten Verhalten (wenn andere Menschen dabei, ist Frauchen unaufmerksam=ich kann machen, wozu ich Lust habe).

Viele Grüße,
Pia
PiaGM
 

Beitragvon PiaGM » Di 12. Jul 2005, 11:04

Hallo Catja,

meistens kommt das Jagen als Übersprungshandlung nicht in so ausgeprägter Form vor, wie Du es beschreibst.
Oft sind es nur bestimmte Auslöser, wie Tanja z.B. schrieb Spaziergänge im Rudel (bzw. in einem bestimmten Rudel), bestimmte Orte und Stressabbau allgemein.

Wenn der Hund ein generelles Problem mit seiner Umwelt hat, dann empfehlen sich auch generelle Strategien.
Clickertraining und Begrenzung steht bei mir ganz oben in der Hitliste.
Warum das Freie Formen, hat Ariane ja bereits erklärt.
Mit Begrenzung meine ich, dem Hund mehr Körpergefühl und Sicherheit zu vermitteln. Gerade im Bereich der Tellington-Arbeit gibt es viele Varianten, wie z.B. das Körperband, die Bodenarbeit, Massagetechniken usw. .

Viele Grüße,
Pia
PiaGM
 

Beitragvon ray » Di 12. Jul 2005, 11:40

PiaGM hat geschrieben:
Wenn der Hund ein generelles Problem mit seiner Umwelt hat, dann empfehlen sich auch generelle Strategien.
Clickertraining und Begrenzung steht bei mir ganz oben in der Hitliste.
Warum das Freie Formen, hat Ariane ja bereits erklärt.
Mit Begrenzung meine ich, dem Hund mehr Körpergefühl und Sicherheit zu vermitteln. Gerade im Bereich der Tellington-Arbeit gibt es viele Varianten, wie z.B. das Körperband, die Bodenarbeit, Massagetechniken usw. .


Hallo Pia,
schoen, dass du auch noch antwortest.
Ja, so ist es, er hat ein generelles Problem mit seiner Umwelt, die Reize sind irgendwie zu viel fuer ihn. Weil ich das viel zu spaet gemerkt habe, ist es zunaechst auch erstmal schlimmer geworden.
Da ich seine fruehe Vergangenheit nicht kenne, weiss ich nicht, wieso er so ist.

Bodenarbeit und Balancieruebungen machen wir sehr viel, er hat was das angeht ein extrem gutes Koerpergefuehl. TT machen wir auch, an das Koerperband hab ich mich noch nicht rangetraut.
Aber mit den Armen umschliessen wirkt schon Wunder bei ihm.

Tut mir leid, dass ich hier so einen Extremfall anfuehre, was sonst sicher nicht so viele interessiert, aber ich bin dir und Ariane unglaublich dankbar, dass ihr trotzdem drauf eingeht.
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